Wer Das Leben, das Universum und der ganze Rest der Per-Anhalter-durch-die-Galaxis-Trilogie von Douglas Adams kennt, weiß, wie man fliegen kann.
Der Trick besteht darin, daß man sich auf den Boden schmeißt, aber daneben.
Während es sehr einfach ist, sich auf den Boden zu schmeißen, bereitet es uns dagegen große Schwierigkeiten, den Boden zu verfehlen, außerdem muß der Boden bei dieser Technik auch noch zufällig verfehlt werden. “Es hat keinen Zweck, sich das bewußt vorzunehmen”. Man muß im entscheidenden Augenblick ganz kurz abgelenkt sein, also nicht daran denken, daß man gleich den Boden trifft, “dann wird man in seiner Verwunderung den Boden total verfehlen und nur wenige Zentimeter über ihm in einer Weise schweben bleiben, die vielleicht ein ganz klein bißchen dämlich wirken könnte.”
Ich denke, daß die von Douglas Adams beschriebene Methode, zu fliegen, nicht praktikabel ist. Ich bin sogar der Meinung, daß sie wahrscheinlich überhaupt nicht funktioniert.
Allerdings ist mir aufgefallen, daß sich das zugrunde liegende Prinzip in anderen Bereichen sehr wohl anwenden läßt. Konkret ist es mir dadurch schon mehrfach gelungen, Hardware zu reparieren.
Der Vorgang ist ähnlich wie beim Fliegen. Zuerst wird die defekte Hardware identifiziert und festgestellt, was daran kaputt ist. Danach kommt die defekte Hardware in einen Schrank, und wir müssen nun vergessen, daß sie defekt ist und vor allem, was daran defekt ist. Der letzte Teil gestaltet sich auch hier besonders schwierig, ist aber eher umsetzbar, da man mehr Zeit zum Vergessen hat als beim Versuch, zu fliegen. Dennoch ist es beim “Reparieren durch vergessen” sehr wichtig, sorgfältig zu vergessen.
Als Beispiel nehmen wir uns einen Laptop, der nicht mehr startet. Er bringt beim Booten die Meldung “Disk error, read error at sector #0”. Wir entfernen die Festplatte, bauen in den Laptop eine neue Festplatte ein, installieren ein neues Betriebssystem und legen die defekte Platte in einen Schrank.
Hierbei kann schon der erste Fehler passieren. Wir dürfen die Festplatte nicht in den Schrank legen, in der Hoffnung, irgendwann zu vergessen, daß sie kaputt ist. Wie auch beim Fliegen hat es keinen Zweck, sich das bewußt vorzunehmen. Wir müssen die Festplatte in den Schrank legen, mit dem Wissen, daß sie kaputt ist und möglichst mit dem Vorsatz, sie bei nächster Gelegenheit fachgerecht entsorgen zu wollen.
Nun folgt der schwierige Teil, nämlich das Vergessen. Es ist unmöglich dazu eine Handlungsanleitung zu geben. In den Grundzügen läuft es aber so, daß wir irgendwann wieder in den Schrank schauen und zwischen jeder Menge anderem Zeug, das sich mit der Zeit in dem Schrank angesammelt hat, die Festplatte entdecken und uns fragen: Was ist das eigentlich für eine Festplatte hier? Warum liegt die im Schrank? Da müssen wir mal drauf schauen.
Wir nehmen uns einen Laptop, bauen die Festplatte ein und schalten ihn an. Und voilà! Der Laptop startet problemlos, er bootet das Betriebssystem von der Festplatte. Allerdings ist es damit noch nicht getan. Falls uns jetzt einfallen sollte: Ach, das war doch die Festplatte, die wir damals aus dem einen Laptop ausgebaut haben, die mit “Read error at sector #0”, dann schmiert der Laptop sofort mit einem Bluescreen ab und zeigt: “Read error at sector #xy”.
Wenn das passiert, macht es wenig Sinn, die Festplatte wieder in den Schrank zu legen. Wir sollten sie unverzüglich entsorgen.
Wenn wir dagegen aber das Glück haben, daß wir auf den bootenden Laptop schauen und ein ganz klein bißchen dämlich dabei wirken, weil wir denken: Was ist das für eine Festplatte? Ach ja, das ist die Festplatte, die wir damals aus dem einen Laptop ausgebaut haben. Aber warum? War die zu klein? War die kaputt? Ja, doch, die war doch kaputt. Aber was war daran eigentlich kaputt? Sie funktioniert doch problemlos. War sie wirklich kaputt?”, dann haben wir die Festplatte repariert, der Laptop läuft weiter mit der reparierten Festplatte.
Leider können wir uns dieses Phänomen nicht so einfach und logisch erklären wie die Quantenwelt. Wir können nicht etwa sagen, die Festplatte befindet sich in Superposition, sie ist kaputt, funktioniert aber trotzdem, und sobald uns einfällt, daß sie eigentlich “Read error at sector #0” bringen müßte, kollabiert die Wellenfunktion. Hinter dem “Reparieren durch vergessen” stecken sicher andere völlig verrückte physikalische Gesetzmäßigkeiten, die uns unheimlich erscheinen werden, wenn sie denn einmal entdeckt und erforscht worden sind.
Es gibt noch eine ähnliche Methode, Hardware durch eine Art von Vergessen zu reparieren, die ich auch noch erwähnen möchte. Bei dieser Methode ist es nicht erforderlich, zu vergessen, daß die Hardware defekt ist, und es ist auch nicht erforderlich, zur vergessen, was daran defekt ist.
Ich erläutere das am Beispiel eines Raspberry Pis, den ich einmal mit der Diagnose “Defekt” in den Schrank gelegt hatte. Der Pi war mit absoluter Sicherheit kaputt. Ich hatte mehrere SD-Karten und Netzteile probiert, die Kontaktpins für die SD-Karten geputzt, er startete einfach nicht mehr.
Irgendwann kaufte ich mir einen neuen Raspberry Pi mit dem Wissen oder genau genommen aufgrund des Wissens, daß ich einen defekten Raspberry Pi im Schrank hatte. Ich installierte auf dem neuen Raspberry Pi ein Betriebssystem, freute mich, daß er funktioniert und legte ihn dann auch in den Schrank neben den defekten Raspberry Pi.
Als ich das nächste mal wieder einen Raspberry Pi brauchte, wußte ich nicht mehr, welcher welcher war, dachte aber, daß das leicht zu ermitteln sei.
Daß ich, nachdem ich den zuerst gegriffenen Raspberry Pi für funktionstüchtig befunden hatte, überhaupt den zweiten, der ja der Logik nach hätte kaputt sein müssen, noch einmal überprüft hatte, kam daher, daß ich das Gefühl hatte, daß der, der links lag, der kaputte hätte sein müssen. Der rechte hätte der neue sein sollen, aber ich war mir auch nicht sicher.
Es haben jedenfalls beide Raspberry Pis perfekt funktioniert, einen der beiden hatte ich also repariert.
Diese zweite Methode funktioniert natürlich auch nur, wenn man ein neues Gerät kauft, weil man das defekte ersetzen möchte. Es hat keinen Zweck, ein neues Gerät zu kaufen, um das defekte Gerät zu reparieren, indem man die beiden Geräte vermischt. In diesem Fall wird nach dem Mischen eines der Geräte immer defekt bleiben.
Leider können wir auch dieses Phänomen nicht so einfach erklären wie in der Quantenwelt etwa die Verschränkung. Auch hier dürfen wir erwarten, daß uns die Wechselwirkung zwischen den sich gegenseitig reparierenden Raspberry Pis als spukhaft erscheinen wird, selbst, wenn wir die physikalischen Zusammenhänge vollständig erkannt, erforscht und bewiesen haben.
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