Wahrscheinlich hat sich jeder schon einmal, auch ohne Flächenland gelesen zu haben, die Frage gestellt, wie die Welt aussähe, hätten wir nur zwei Dimensionen.
In Flächenland von Edwin A. Abbet, das zuerst Im Jahre 1884 veröffentlicht wurde, wird solch eine Welt beschrieben, eine Welt, in der die Wesen kein Oben und kein Unten kennen. Sie sind flach und haben die Gestalt geometrischer Figuren. Es gibt Dreiecke, Vierecke, Fünf‑, Sechsecke, Vielecke und Linien.
Die Häuser in Flächenland sind fünfeckig, Wir als dreidimensionale Wesen können von oben auf die Häuser blicken, wir sehen sie wie auf ein Blatt Papier gezeichnet.
Wir können gleichzeitig sehen, was um die Häuser herum geschieht und was innen ist, doch die zweidimensionalen Flächenwesen können das nicht. Nur, indem sie das Haus durch eine der Türen betreten, können sie herausfinden, was sich darin befindet.
Der Erzähler aus Flächenland, ein Quadrat, sagt zu den Häusern und zum Licht dies:
Fenster haben unsere Häuser nicht, denn das Licht erreicht uns gleichermaßen in unseren Häusern wie außerhalb, bei Tag und bei Nacht, zu allen Zeiten und an allen Orten gleichmäßig – woher, wissen wir nicht. In allen Zeiten war dies unter unseren Gelehrten eine interessante und häufig verfolgte Fragestellung: Was ist der Ursprung des Lichtes? Oft wurde eine Lösung versucht, doch als einziges Ergebnis füllten sich unsere Irrenhäuser mit den Lösungsbeflissenen. Daher hat (nach vergeblichen Versuchen, diese Untersuchungen indirekt zu unterbinden, indem man sie mit einer erdrückenden Steuer belegte) die legislative sie vor verhältnismäßig kurzer Zeit absolut verboten.
In Flächenland bilden die ungleichschenkligen Dreiecke die Unterschicht. Sie sind Arbeiter und Soldaten. Da ihre Seiten nicht gleich lang sind, gelten sie als verunstaltet, ihr gesellschaftliches Ansehen ist gering, doch sie sind gefährlich, da sie mit ihrem spitzen Winkel andere tödlich verletzen können.
Frauen sind in Flächenland Linien und damit noch gefährlicher als ungleichschenklige Dreiecke, denn ihr Stich ist absolut tödlich. Zu allem Übel sind die Frauen von bestimmten Positionen aus nahezu unsichtbar, was in dem Buch so erklärt wird:
Der Leser möge eine Nadel auf den Tisch legen. Dann blicke er sie (mit dem Auge auf Tischhöhe) von der Seite an. Ihre volle Länge ist sichtbar. Doch schau sie von einem anderen Ende her an, und du siehst nichts als einen Punkt, sie ist praktisch unsichtbar geworden.
Da dies in Flächenland zu zahlreichen Unfällen mit Frauen führte, sind verschieden Frauengesetze erlassen worden, unter anderem, daß Häuser zwei Eingänge haben müssen, einen für Frauen, einen für Männer, daß Frauen an öffentlichen Orten stets ihren Friedensruf von sich geben müssen und mehr, wie dem Buch zu entnehmen ist:
In einigen Staaten gibt es zusätzlich ein Gesetz, das es den Frauen bei Todesstrafe verbietet, an einem öffentlichen Ort zu gehen oder zu stehen, ohne ihren Rücken unablässig von rechts nach links zu bewegen, und so den hinter ihnen befindlichen ihre Gegenwart anzuzeigen.
In einigen Deutschen Übersetzungen sind die so mancher Meinung nach frauenfeindlichen Darstellungen entschärft worden. Das Original kannst du an vielen Stellen als PDF herunterladen.
In Flächenland hängt der gesellschaftliche Stand eines Wesens von der Zahl seiner Winkel ab. Dreiecke mit drei Winkeln stehen an unterster Stelle, darüber die Vierecke mir vier Winkeln, das sind Kaufleute, Anwälte, Fünfecke Gelehrte und so weiter. Je mehr Winkel eine Figur hat, um so höher ihr Ansehen, umso intelligenter wird sie eingestuft. Die Weisen nähern sich mit ihrer Vielwinkeligkeit immer mehr der Kreisform an, die als Perfektion gilt. Frauen haben 0 Winkel.
Im zweiten Teil des Buches gibt es einen Ausflug nach Linienland, in eine Welt, die nur eindimensional ist, die aus der Sicht eines zweidimensionalen Wesen, der eines Quadrates, beschrieben wird. Die Wesen sind alle Linien, je länger die Linie, um so höher der Rang. Frauen sind Punkte.
Und selbstverständlich wird auch ein Blick auf Punktland geworfen, auf eine Welt mit 0 Dimensionen, und dann die Frage gestellt, wie eine vierdimensionale Welt aussehen könnte, ob ein vierdimensionales Wesen auf unsere dreidimensionale Welt blickend zugleich erkennen könnte, was in unseren Häusern und außen herum vor sich geht.
Vielleicht erinnern sich noch einige Ostler an die Trickfilmserie Adolars phantastische Abenteuer, wo Adolar mit seiner aufblasbaren Rakete immer heimlich in den Weltraum fliegt und fremde Planeten besucht.
In einer Folge entdeckt Adolar einen Scheibenplaneten, auf dem zweidimensionale Wesen leben. Den Wesen dieser Welt ist vom König verboten worden, die Laute A und O zu verwenden. Stattdessen müssen sie immer ein U sprechen. Dus ist Udulurs Versiun vun Fluechenlund:
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