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Nummer 5 lebt

Wor­über wür­den sich Bow­ling­ke­gel unter­hal­ten, wenn sie denn spre­chen könnten?
Über nichts, weil sie nicht den­ken können.
Wor­über wür­den sich Bow­ling­ke­gel, könn­ten sie spre­chen, unter­hal­ten, wenn sie den­ken könnten?
Über dies:

„Ach, wie gern wäre ich doch eine Bil­lard­ku­gel“, sag­te Num­mer 5, als er auf­ge­hängt wur­de. „Da hat mir der Mensch einen Kör­per gege­ben, ein abs­trak­tes Eben­bild sei­ner selbst, und nun rollt er mit schwe­ren Kugeln nach mir, um mich umzu­wer­fen, auf­zu­hän­gen, abzu­stel­len und wie­der umzuwerfen.“
„Na schö­ne Schei­ße“, ent­geg­ne­te Nr. 6. „Wärest du eine Bil­lard­ku­gel, wür­den sie dich mit Stö­ckern piken.“
„Aber nur, wenn ich weiß wäre. Außer­dem könn­te ich als Bil­lard­ku­gel nicht den­ken und nicht spre­chen. Da wür­de mir alles am Arsch vorbeigehen.“
„Bil­lard­ku­geln sind rund. Wo soll denn da der Arsch sein?“ misch­te sich Nr. 7 ein.
„Das war nur so eine Rede­wen­dung“, sag­te Nr. 5.
„Also ich wäre am liebs­ten eine Bow­ling­ku­gel“, sag­te Num­mer 10. „Da könn­te ich euch alle umhau­en und müß­te euer däm­li­ches Geschwätz nicht ertra­gen. Das täte mir, glaub ich, gefallen.“
„Igitt, dann wür­den sie ihre war­men Fin­ger immer in dich rein­ste­cken. Da laß ich mich doch lie­ber umrol­len oder mit einem Stock piken“, sag­te Nr. 7.
„Na ich fin­de ja, wir könn­ten ein echt starker…“
„ACH­TUNG!“
Alle Kegel pur­zel­ten durch­ein­an­der, als die dicke Kugel durch sie hin­durch feg­te. Allein Num­mer 10 wank­te leicht hin und her und konn­te sich auf­recht ste­hend behaup­ten. Danach wur­den alle auf­ge­hängt und Num­mer 10 wie­der abgestellt.
„Also ich fin­de ja, wir könn­ten ein echt star­ker Hau­fen sein“, sag­te Num­mer 5, nun hän­gend, sei­nen ange­bro­che­nen Satz fortführend.
„Wie jetzt?“ frag­te Num­mer 10 von unten.
„Na, wir soll­ten uns ein­fach von den Schnü­ren lösen, hier abhau­en und Bil­lard­ku­geln wer­den oder eben das, was jeder möchte.“
„Ha! Und wie willst du das machen, ohne Arme und ohne Bei­ne? Du hast doch eben gera­de noch fest­ge­stellt, daß du nur ein abs­trak­tes Eben­bild des Men­schen bist. Und abs­trakt bedeu­tet in die­sem Fall, daß eini­ge Merk­ma­le des Vor­bil­des feh­len und die Ähn­lich­keit nur noch durch wesent­li­che Züge wie Kopf und Bauch gege­ben ist.“
„Ja, wahr­schein­lich hast du Recht, Num­mer 10. Wir kom­men hier nicht weg. Ohne Arme und Bei­ne ist nichts zu löten.“ (kein Keks)
„Sag ich doch. Autsch.“ Und Num­mer 10 wur­de von der Kugel getrof­fen, daß er drei Dre­hun­gen durch die Luft quirl­te. Danach wur­de er aufgehängt.
„Das ist doch aber wirk­lich per­vers, was sie da mit uns trei­ben“, sag­te Num­mer 5.
„Die Men­schen sehen das als Spiel. Sie spie­len es auch manch­mal mit sich selbst, sie haben klei­ne Appa­ra­tu­ren, da kom­men ganz, ganz klei­ne Bow­ling­ku­geln raus, und die rol­len nicht, son­dern flie­gen durch die Luft und durch alles hin­durch, was im Weg ist.“
„Na toll“, sag­te Num­mer 5. „Und, was sie mit uns machen, bezeich­nen sie als Spiel, und das brau­chen sie als Ersatz, wenn mal gera­de nichts los ist?“
„Ja, so sind die Menschen.“
„Ich glaub, es ist schon ganz gut, daß wir eigent­lich nicht spre­chen und nicht den­ken kön­nen“ dach­te und sag­te Num­mer 3, bevor er und sei­ne Kum­pa­ne wie­der umge­schmis­sen und auf­ge­hängt wur­den und sich ihr trüb­se­li­ges Leben auf die­se Wei­se fortsetzte.

Tags: Fabel, Bowling, Sinn des Lebens

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