“Willst du noch mit raufkommen? Ich könnte dir meine Schablonensammlung zeigen.”
Ich weiß nicht, ob das klappt. Ich hab das nie probiert. Aber ich zeige dir jetzt hier meine Schablonensammlung.
Es sind Schablonen, die ich schon als Kind, als Schüler, als Lehrling besessen habe – Schablonen, mit denen sich, wenn ich sie betrachte, auch Erinnerungen verbinden.
Mit der ersten Schablone lassen sich gleichschenklige Dreiecke in 24 Größen zeichnen. Ich habe die Schablone selten verwendet. Eigentlich habe ich sie nie verwendet, außer, um zu prüfen, ob man mit ihr gleichschenklige Dreiecke zeichnen kann.
Die Schablone hat den Namen “Tricon” und einen EVP (Einzelverkaufspreis) von M -,85, also 85 Pfennig (Ost).
Mit der nächsten Schablone lassen sich Quadrate in 20 Größen zeichnen, und zwar von 5 Millimeter bis 24 Millimeter Kantenlänge. Die Schablone heißt “Quadratus”, und sie kann, wie auch die Schablone mit den Dreiecken, als Lineal bis zu 10 Zentimetern verwendet werden. Allerdings ist das Lineal nur in 5‑Millimeterschritten beschriftet, weshalb sich eine Linie mit einer Länge von z.B. 9,7 Zentimetern nur ungenau ziehen läßt.
Wozu die Angaben 30 Grad und 45 Grad an der Unterseite dienen, hat sich mir nie erschlossen, und der Preis der Schablone ist mir auch nicht bekannt, da er nicht aufgedruckt ist.
Wie die Dreiecksschablone habe ich Quadratus auch nie verwendet, außer, um einmal zu prüfen, ob sich damit Quadrate zeichnen lassen.
Selbstverständlich habe ich auch eine Schablone für Kreise. Sie heißt “Polycircle”.
In der DDR wurden viele Bezeichnungen mit dem Wortstamm “Poly” gebildet: Polytechnische Oberschule (POS), Polyplay (ein Spielautomat mit U880-Prozessor), Polylux (Westdeutsch: Overheadprojektor), Porlytronic (Experimentierkatsen für Elektronik), Polytest (ein Multimeter) und sicher noch vieles mehr.
Mit der Polycircle-Schablone lassen sich Kreise mit einem Durchmesser von 5 Millimetern bis zu 24 Millimetern zeichnen, und dann noch mit 25, 30, 35 und 40 Millimetern, wenn man die runden Ecken der Schablone verwendet und mit ihnen vier Viertelkreise zeichnet.
Die Schablone hat 70 Pfennig gekostet und ist damit billiger als die Schablone für Dreiecke,
Die Polycircle-Schablone habe ich doppelt. Hier ist die zweite:
Hier kommt nun meine Lieblingsschablone, die RF-Schablone, mit der sich elektronische Schaltkreise sehr gut zeichnen lassen, Röhren, Transistoren, Dioden, Spulen und Pacman. Die Schablone hat satte 3,25 Mark gekostet und ist damit teurer als alle bisher gezeigten Schablonen zusammen (es sei denn Quadratus hat einen unerhört hohen Preis).
Hier ein elektronisches Schaltbild, das ich mit der RF-Schablone gezeichnet habe:
Und hier das selbe Schaltbild, ohne Schablone gezeichnet. Der Unterschied ist deutlich!
Und nun eine Schablone für PAPs.
PAP ist die Abkürzung für Programmablaufplan. Es lassen sich also Programmablaufpläne mit dieser Schablone zeichnen, und zwar nach TGL 22451, einer DDR-Norm, die man sich hier als PDF herunterladen kann. Auf Seite 17 ist sogar die Schablone abgebildet.
Ich glaube, kein ernsthafter Programmierer verwendet PAPs. Programme schreibt man einfach auf in C, in C++, Pascal, Go, Fortran, Forth oder Erlang.
Ein PAP ist wie C++ in einfacher Sprache. Daher ist wohl die einzige Anwendung, die etwas wie PAPs einsetzt, für Kinder, nämlich Scratch.
Das heißt, ich habe die Schablone, die immerhin stolze 2,50 Mark gekostet hat, niemals sinnvoll verwendet und wahrscheinlich andere Leute auch nicht.
Ich habe auch eine Schablone für Schweißzeichen, mit der ich ebenfalls nichts anfangen kann, außer sie als Lineal zu verwenden. Das Material der Schablone ist etwas dunkler und etwas stärker, wodurch sie sich sehr gut anfühlt. Die Schablone hat 1,60 Mark gekostet, soviel wie eine Schachtel Karo.
Nun kommt meine Chemieschablone. Ich könnte mit ihr zum Beispiel den Laboraufbau zeichnen, der zur Herstellung von Amoniumnitrat benötigt wird, oder auch Kaliumchlorat und Cyclotrimethylentrinitramin.
Wozu die folgende Schablone gedacht ist, weiß ich nicht.
Und die letzte Schablone ist nicht aus der DDR. Sie ist auch erst sehr viel später zu meiner Sammlung dazu gekommen. Sie war mal in einer Zu-Verschenken-Kiste in Pankow.
2 Kommentare
Ruth Herzberg
Danke! Die Schaltbild Schablone hatte ich auch, ohne zu wissen, wofür sie gut ist. Habe sie manchmal experimentell zum Zeichnen verwendet, geriet dabei aber stets in Wut, weil die Minen meiner Bleistifte oft nicht spitz und hart genug waren, für einige der Ausschnitte. Nur die ganz harten passten durch und wenn doch, hinterließen sie nur blasse Linien, wegen der Härte, also drückte ich auf und dann brach die Spitze ab. Nur die Ovale oben links bereiteten mir Freude, allerdings war diese Form motivisch selten brauchbar. (Im Gegensatz zum Blitz, aber dem waren meine Stifte nicht gewachsen)
Gerhard
—Wozu folgende Schablone gedacht ist weiß ich nicht —
Das ist eine Schablone zum Zeichnen von Fertigungs bzw Bearbeitungszeichen bei der spanenden Fertigung wie zB Drehen, Fräsen, Schleifen.
Heute spricht man von Rauhtiefen und gibt die entsprechenden Rauhtiefen mit Zahlen an.
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