Ein Selbstgespräch mit mir selbst. Ich unterhalte mich mit mir über damals.
Tube: Wann hast du deinen ersten Silvesterknaller angezündet?
Tobias: Keine Ahnung. Ich weiß nicht. Hab ich mir nicht notiert. Wozu auch? Es ist ja nun kein so einschneidendes Ereignis wie zum Beispiel die Jugendweihe oder die Geburt. Also ich weiß einfach nicht, wann ich zum ersten Mal einen Silvesterknaller angezündet habe. An mein erstes Streichholz kann ich mich erinnern.
Tube: Dann erzähl eben von deinem ersten Streichholz!
Tobias: Ich war ziemlich aufgeregt. Vielleicht sieben Jahre alt. Ich durfte es in der Küche über dem Abwaschbecken, das mit Wasser gefüllt war, unter der Aufsicht meiner Eltern anzünden. Sie hatten mir erklärt, ich soll es von mir weg streichen.
Tube: Und? Wie war es?
Tobias: Wie gesagt, ich war ziemlich aufgeregt. Ich habe das Streichholz über die Reibfläche geschoben und es, als der erste Blitz zuckte, losgelassen. Es ist sofort im Wasser ersoffen.
Tube: War ja nicht doll.
Tobias: Nö. Ich hatte aber noch einen Versuch.
Tube: Und?
Tobias: Beim zweiten Mal ist es mir gelungen, das brennende Streichholz eine Sekunde lang in der Hand zu halten.
Tube: Und dann?
Tobias: Dann hatte ich schon wieder Schiß gekriegt und es ins Abwaschbecken fallen lassen.
Tube: Wie interessant.
Tobias: Später wurde ich dann aber geschickter mit Streichhölzern und konnte sie wesentlich länger festhalten. So war ich ein recht starker Gegner im Spiel “Streichholz gegen eine Mark”.
Tube: Streichholz gegen eine Mark?
Tobias: Ja, “Streichholz gegen Mark” hieß das. Ich kenne das Spiel nur mit Ostmark. Man kann es vielleicht auch mit Westmark spielen. Oder mit Eurostücken. Weiß nicht. Wir haben es mit Ostmark gespielt. Mit den Aluchips. Es ist ein Zweipersonenspiel. Das haben wir oft auf dem Schulhof gespielt, hinter der Turnhalle. Zwei Personen. Einer hält das Streichholz, der andere die Mark. Wer zuerst losläßt, hat verloren.
Tube: Versteh ich nicht.
Tobias: Das Streichholz brennt. Der, der das brennende Streichholz hält, hält es an das Markstück, das der andere hält. Wer zuerst losläßt, hat verloren.
Tube: Ach so, verstehe.
Tobias: Genau! Wird nämlich heiß. Beides. Und wenn man geschickt war, hat man das Streichholz so gehalten, daß die Flamme nicht nur das Markstück berührte, sondern auch die Finger von dem, der das Markstück hielt.
Tube: Fies.
Tobias: Ja.
Tube: Aber, wann du deinen ersten Silvesterknaller angemacht hast, weißt du nicht.
Tobias: Nein. Aber ich weiß noch, wie ich meinen ersten Knaller selber gebaut habe.
Tube: Und? Wie?
Tobias: Ich hab das vorne bei den Streichhölzern abgemacht, die Streichholzkuppen, und alles in eine aus Pappe gedrehte Röhre gestopft. Vorne und hinten hab ich die Röhre mit Sägespänen und Leim verschlossen. Eine Zündschnur war auch noch dran. Zerbröselte Streichholzkuppen in eine Papierschnur eingedreht. War ein Mordsding das Ding. Sah jedenfalls so aus. Platz da jetzt rummst es gleich, hab ich hinter der Turnhalle gerufen und das Teil angezündet.
Tube: Und?
Tobias: Pffft. Hats gemacht.
Tube: Pffft?
Tobias: Ja. Pffft.
Tube: Das heißt, das war nicht so dolle?
Tobias: Na eben: Pffft.
Tube: Nicht Bumm?
Tobias: Nein, pffft. Ich wurde ausgelacht.
Tube: Hihi.
Tobias: Aber danach hab ich noch einen Knaller gebaut.
Tube: Und wie?
Tobias: Statt der Streichholzkuppen hab ich das Pulver, das in einem Silvesterknaller drin war, in meine Röhre gemacht.
Tube: So, so.
Tobias: Ja, das Ding hat richtig bumm gemacht.
Tube: Kein Wunder. Aber hättest du da nicht gleich den echten Knaller anzünden können?
Tobias: Hätte ich. Aber ich wollt den anderen ja zeigen, daß ich selbst Knaller bauen kann.
Tube: Du hast gemogelt.
Tobias: Ja. Es hat aber keiner gemerkt.
Tube: Wieso hast du überhaupt selber Knaller gebaut?
Tobias: Es gab so einen Wettstreit mit den Klassenkameraden. Gerd hatte auch einen Knaller gebaut. Er hatte auch das Zeug aus den Silvesterknallern raus gemacht, aber nicht wie ich in eine Pappröhre gestopft, sondern in eine Metallröhre. So eine leere Patrone vom Sahnesyphon.
Tube: Ui. Das hat sicher ordentlich gerumst.
Tobias: Nein. Gar nicht. Oder doch. Nein. Also, seine Zündschnur war Scheiße. Das Ding ging nicht los. Er hatte es auf den Boden gelegt und gerufen: Platz da, gleich rummst es. Und er hat es angezündet an der Zündschnur. Die brannte ab, aber es ging nicht los.
Tube: Peinlich.
Tobias: Ja. Aber das wirklich Peinliche kommt noch. Nach einer Minute, als immer noch nichts passiert war, ging er hin zu seinem Knaller und hob ihn auf, um zu gucken, woran es hapert.
Tube: Und?
Tobias: Das Ding ging los. Ein dermaßener Bums war das. Unglaublich! Er hat dabei seinen Daumen verloren.
Tube: Scheiße.
Tobias: Kann man so sagen.
2 Kommentare
Ruth
Hallo, habe ich gern gelesen. Aber heißt es Streicholz oder Streichholz? Beides schön
Tube
Dir entgeht aber auch nichts. Vielen Dank.
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