Uniadmin
Skip to content

Joker-Play - spielend Programmieren lernen, ohne Computer

Joker-Play ist viel­leicht das merk­wür­digs­te Kar­ten­spiel, das der erfin­de­ri­sche Sozia­lis­mus der DDR her­vor­ge­bracht hat.

In den ein­lei­ten­den Wor­ten der Anlei­tung heißt es (alle Feh­ler mit abgeschrieben):

Per­so­nal- und Klein­com­pu­ter sind schon in unse­ren Betrie­ben und Schu­len zu fin­den. Bald wer­det auch Ihr auf irgend­ei­ne Wei­se mit ihm in Kon­takt tre­ten. […] Er funk­tio­niert nach einer eigen­ar­ti­gen Maschi­nen­lo­gik und sei­ne Funk­ti­on läßt sich nur mit­tels Pro­gram­me beein­flus­sen. Wollt ihr, daß der Com­pu­ter euch gehorcht, müßt Ihr min­des­tens eine Pro­gram­mier­spra­che beherrschen. […] 
Das Spiel JOKER-PLAY ermög­licht die Aneig­nung der für vie­le Com­pu­ter gemein­sa­men Ele­men­te der Pro­gram­mier­spra­che BASIC, über­mit­telt Grund­kennt­nis­se in Ver­bin­dung mit dem Schrei­ben und Lesen von Pro­gram­men im Rah­men des Spiels, des Wett­streits und der Unterhaltung.

Wer die Schach­tel öff­net, fin­det dar­in das Anlei­tungs­heft, Spiel­kar­ten und den so genann­ten Spiel­plan, auf dem die Kar­ten abge­legt wer­den sollen.

Beim Anblick der Spiel­kar­ten dürf­te das Herz eines jeden BASIC-Pro­gram­mie­rers höher schla­gen. Eng­li­sches Blatt mit Befeh­len auf sil­ber­nem Hin­ter­grund: FOR, NEXT, IF, END, GOSUB, RETURN, GOTO, ON, LET, DIM, DEF, DATA, INPUT, PRINT, READ, STOP, REM.

Dem wah­ren BASIC-Pro­gram­mier ist sicher schon auf­ge­fal­len, daß das THEN-Schlüs­sel­wort fehlt. Die­ses wird aber nicht benö­tigt, und das bemerkt man, wenn man sich das Spiel­prin­zip der ers­ten, ein ein­fa­ches Lege­spiel, der im Anlei­tungs­heft vor­ge­stell­ten Spiel­va­ri­an­ten ansieht.
In der Anlei­tung heißt es:

  1. Im gegen­sei­ti­gen Ein­ver­ständ­nis wählt Ihr eines unter den mit den Buch­sta­ben A‑G gekenn­zeich­n­ten SPIEL-BLÄT­TERN aus, anschlie­ßend wird der Spiel­plan in die Tisch­mit­te gelegt.
  2. Der Geber mischt den Packen und gibt die Kar­ten in der im Spiel­blatt gege­be­nen Anzahl aus. Der Rest­sta­pel wird neben den Spiel­plan auf den Tisch gelegt.
  3. Falls Vor­hand die Pro­gramm­start­kar­te in den Hän­den hat, legt er sie an die Stel­le des Befehls­wor­tes in der 10. Pro­gramm­zei­le des Spiel­plans und wirft sie ab. Hat Vor­hand die ent­spre­chen­de Kar­te nicht unter sei­nen Hand­kar­ten zieht der nächs­te Spie­ler vom Talon und über­nimmt zugleich die Rol­le der Vor­hand. Die Über­tra­gung die­ser Rol­le wird solan­ge fort­ge­setzt, bis das Eröff­nungs­blatt abge­legt wird.
  4. Der nächs­te Spie­ler zieht eine Kar­te vom Talon und falls er die Kar­te mit dem Befehls­wort der nächs­ten Pro­gramm­zei­le in der Hand hat, legt er die­se auf den Plan (ansons­ten sag­te er “pas­se”) und wirft eine Kar­te ab.
  5. Die Spie­ler wie­der­ho­len den 4. Schritt bis zur letz­ten Pro­gramm­zei­le. Wenn ein Spie­ler alle sei­ne Kar­ten los­ge­wor­den ist und wie­der and der Rei­he ist, zieht er eine neue Kar­te. Er kann nicht vom Spiel abspringen.
  6. Sie­ger ist der Spie­ler, der die Kar­te mit dem Befehls­wort für die Abschluß­zei­le abge­legt hat.
  7. Soll­te der Packen wäh­rend des Spiels aus­ge­hen, mischt der Geber den ande­ren und legt ihn auf den Tisch. Wird auch der 2. Packen ver­braucht, so mischt der Geber die abge­wor­fe­ne Kar­ten und legt sie ver­deckt in die Mitte.

Hier nun die Spiel-Blät­ter (A bis C), unter denen man sich im gegen­sei­ti­gen Ein­ver­ständ­nis eines aus­wäh­len soll, es sind BASIC-Pro­gram­me, simp­le, schlich­te BASIC-Pro­gram­me, zu denen man die Befeh­le auf der Hand haben muß, die Befeh­le, die am Beginn jeder Zei­le ste­hen. Damit ist klar, daß kei­ne THEN-Kar­te benö­tigt wird, weil nie eine Zei­le mit THEN beginnt.

Wie man nun durch das Legen und Abwer­fen von Spiel­kar­ten das Pro­gram­mie­ren erlernt, bleibt unklar, ein Geheim­nis des DDR-Sozialismus.
Sehr schön sind auf jeden Fall die Moti­ve auf den Joker­kar­ten, die man immer ein­set­zen kann, wenn der benö­tig­te Befehl grad nicht vor­han­den ist.
Wie oft habe ich beim Pro­gram­mie­ren schon einen PRINT-Befehl benö­tigt, aber er war ein­fach nicht da, wie sehr hab ich mir da einen Joker gewünscht, der mei­ne Bedürf­nis­se erfüllt.

Es gibt sogar zwei Ext­ra­jo­ker, deren Sinn ich nicht ganz ver­ste­he, aber ich habe die Anlei­tung auch nicht voll­stän­dig gele­sen. Merk­wür­dig ist, daß sie kom­plett in Eng­lisch bedurckt sind, was in der DDR unüb­lich war. Vor allem ist mir nicht klar, was das, was drauf steht, mit Pro­gram­mie­ren zu tun hat.

Das Joker-Play-Spiel hab ich irgend­wann vor Jah­ren mal von Jero zum Geburts­tag geschenkt bekom­men. Ich glau­be nicht, daß er es jemals rich­tig gespielt hat, er woll­te es nur loswerden.
Das bes­te an dem Spiel ist sicher­lich, daß man die Kar­ten auch als nor­ma­le Spiel­kar­ten ver­wen­den und damit dann auch ganz gut Rom­mé, Canas­ta, Poker, Skat oder Mau-Mau spie­len kann. Dabei hat man noch die coo­len BASIC-Befeh­le auf den Karten.

Tags: DDR, Programmieren, Spielzeug, Spiele, Karten, BASIC

    Schreib einen Kommentar