Jetzt mal was richtig Verbotenes: eine 500-Watt-Glübirne. Seit 2009 dürfen solche Dinger nicht mehr hergestellt und verkauft werden. Sie sind aber nicht ganz so verboten, wie etwa harte Drogen, Schußwaffen, bleihaltiges Lötzin oder manch Druckerzeugnis, denn ich dürfte meine vor 2009 hergestellte 500-Watt-Glühbirne immerhin noch besitzen, benutzen, verkaufen oder verleihen.
Ist sie nicht schön? Sie ist von Narva aus der DDR und muß an die 40 Jahre alt oder noch älter sein.
Ich habe sie mal geschenkt bekommen, seitdem ist sie Regalschmuck.
Bis 2009 hatten wir unsere Wohnungen fast nur mit solchen Glühbirnen beleuchtet (und beheizt), nicht mit 500-Watt-Glühbirnen, die Glühbirnen in unseren Wohnungen hatten in der Regel 40, 60 oder 75 Watt, manchmal auch 100, und dann kam das Glühbirnenverbot mit der Begründung, daß Glühbirnen zu ineffizient seien, sie zu viel Wärme in Relation zur abgegebenen Lichtmenge erzeugten, also deren Wirkungsgrad von etwa 5% schlicht zu miserabel sei. Allerdings waren Glühbirnen die einzigen Leuchtmittel, die angenehm warmes Licht erzeugten. So genannte Energiesparlampen, Quecksilberlampen und ähnliche Konstruktionen machten seltsames Licht, das nichts mit dem Spektrum der Sonne oder der Glühbirne gemein hatte, und auch Leuchtdioden waren damals noch weiß oder bläulich und leuchteten unangenehm kalt.
Keiner wollte sich von den verbotenen Glühbirnen abkehren, weshalb Projekte wie die Heatballs entstanden, wo die Glühbirne einfach zu einer Heizquelle, zum Heizball umdefiniert wurde, zu einer Heizung mit einem Wirkungsgrad von 95%, die nebenher noch etwas Licht abstrahlte. Damit sollte das Herstellungs- und Vertriebsverbot umgangen werden, denn die Herstellung und der Vertrieb von Heizungen war ja erlaubt. Dennoch entschied ein Gericht, daß die Heatballs keine Heizungen, sondern Glühbirnen seien und deshalb nicht verkauft werden dürften, aber diese Entscheidung kam erst 2011, da kaum noch jemand Interesse an Glühbirnen hatte, denn mittlerweile gab es Birnen mit Leuchtdioden, die so angenehm warmes Licht erzeugten, daß sie Glühbirnen vollständig ersetzten konnten, und wohl kaum einer war so blöd, eine Glühbirne einer Leichtdiodenbirne vorzuziehen, da die Leuchtdiodenbirne identisches Licht erzeugte aber nahezu 20 mal weniger Strom verbrauchte und dazu noch wesentlich haltbarer war.
Doch was wäre, wenn die Technik der Leuchtdioden diesen Fortschritt nicht gemacht hätte? Säßen wir dann heute in unseren Wohnungen bei weißblauem, kaltem Licht und hätten uns daran gewöhnt? Oder gäbe es einen Schwarzmarkt für Glühbirnen? Beleuchteten wir unsere Wohnungen nachts bei heruntergelassenen Jalousien heimlich mit Moonshine-Birnen, und wenn eine Birne kaputt geht (was aufgrund geplanter Obsoleszenz nach ca. 1000 Stunden sicher passiert), rufen wir das Glühbirnentaxi, das uns in einer dunklen Straßenecke eine Glühbirne gegen einen Geldschein aus dem Fenster reicht?
Ich wäre sicherlich ein Schwarzleuchter, würde Wege suchen, die Glühbirnen mit warmem Licht zu bekommen. Das weiße Licht der früheren Leuchtdioden wäre mir unerträglich.
Doch die Entwicklung hat einen anderen Lauf genommen, es gibt Leuchtdioden, die wunderbares Licht erzeugen, und mir stellt sich die Frage, ob diese Leuchtdioden deshalb erfunden worden sind, weil die Glühbirnen vorboten wurden, oder ob sie sowieso erfunden worden wären und die Glühbirnen vom Markt verdrängt hätten, ohne daß je ein Glühbirnenverbot notwendig gewesen wäre?
Wird nach dem Inkrafttreten des Verbrennerverbotes im Jahre 2035 plötzlich der Wunderakku erfunden, der Akku, der bei jeder Temperatur in 3 Minuten von 0 auf 100% lädt und Reichweiten von über 1000 Kilometern ermöglicht, der Wunderakku, der auch noch in Serie hergestellt werden kann? Oder wird der Wunderakku sowieso erfunden werden, und wer anstatt eines Elektroautos noch einen Verbrenner kaufen wollte, wäre völlig blöd im Kopf, weil E‑Autos so viel effizienter sind? Ein Verbrennerverbot wäre dann genauso überflüssig, wie das Glühbirnenverbot aus heutiger Sicht überflüssig ist.
Heizt ein Verbot von irgendwas die Köpfe der Ingeneuere an, etwas neues zu erfinden, das das Verbotene ersetzt? Oder würde das Neue sowieso erfunden werden, wenn es denn erfunden werden kann und wenn nicht, wird das Verbotene auf dem Schwarzmark gehandelt?
Manchmal, am Tag, wenn es hell ist, es also keiner wirklich bemerkt, schalte ich meine 500-Watt-Glühbirne heimlich ein und lasse sie leuchten.
Das Foto kann kaum vermitteln, wie hell diese Lampe eigentlich ist. Mit bloßem Auge hineinzusehen, ist fast unmöglich. Aber vor allem stößt du gegen eine heftige Wärmewand, je mehr du dich der Birne näherst.
Schreib einen Kommentar