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Demenz und Bytes und Bits

Mei­ne Freun­din erzähl­te mir: “Ich glaub, ich hab Demenz. Neu­lich hab ich mei­ner Freun­din Sabi­ne etwas dop­pelt erzählt”.
“Ja, mir hast du neu­lich auch etwas dop­pelt erzählt”, sag­te ich.
“Echt? Was denn?”
“Hab ich ver­ges­sen, hab ich mir nicht gemerkt. Ich habe mir nur gemerkt, was du mir erzählt hast, aber nicht, dass du mir das zwei­mal erzählt hast. Dar­um, wenn du mir jetzt das, was du mir zwei­mal erzählt hast, noch ein­mal erzäh­len wür­dest, dann könn­te ich zwar sagen: Ja, weiß ich schon. Ich wüss­te aber nicht, ob du mir das schon zwei­mal erzählt hast, also dann ja wahr­schein­lich zum drit­ten Mal. Ich mer­ke mir das ein­fach nicht, um Spei­cher­platz im Kopf zu spa­ren. Woll­te ich mir mer­ken, wie oft du mir jede Sache schon erzählt hast, müss­te ich für jede Sache, die du mir erzählst, ein zusätz­li­ches Byte reser­vie­ren, um zu zäh­len, wie oft du mir die Sache schon erzählt hast. Bei einem Byte käme ich übri­gens bis 256. Ich könn­te dir also sagen: die­ses oder jenes erzählst du mir zum zwei­ten Mal, zum sie­ben­ten, zum hun­derts­ten oder 256ten Mal. Wenn du mir es dann aber noch mal erzählst, wür­de ich den­ken, dass du es mir erst zum zwei­ten Mal erzählst. Ein Byte ist sehr viel Spei­cher­platz. Ein Byte hat näm­lich 8 Bit. Ich könn­te ver­su­chen, spar­sa­mer mit dem Spei­cher in mei­nem Kopf umzu­ge­hen, indem ich nur ein Bit ver­wen­de, um mir zu mer­ken, ob du mir eine Sache nur ein­mal erzählt hast oder schon mehr­fach. Ein Bit, das ist die kleins­te digi­ta­le Ein­heit. Ein Bit kann nur zwei Zustän­de haben. Wie soll ich das erklä­ren? Zwei Zustän­de: Wahr oder Falsch, 0 oder 1, Schwarz oder Weiß, Nazi oder Lin­ker, Pun­ker oder Pop­per. Oder eben die zwei Zustän­de: “Ein­mal erzählt” oder “Mehr als ein­mal erzählt”. Und die Sachen, die du mir erzählt hast, spei­che­re ich dazu auch noch ab. Wenn du mir also etwas erzählst, dann schaue ich im Spei­cher nach, ob ich das schon drin habe. Wenn ich es noch nicht drin habe, weiß ich, dass du mir die Sache zum ers­ten Mal erzählst, dann spei­che­re ich sie ab. Hin und wie­der gibt es Timing­pro­ble­me. Du erzählst mir was, ich spei­che­re es im Kopf ab und schaue dann erst, ob ich es schon gespei­chert habe. Dann den­ke ich: oh, das ken­ne ich irgend­wie, ich hab ein Déjà-vu. Oder ich den­ke, dass du mir das schon mal erzählt hast. Je nach dem, wie das Timing war. Aber nor­ma­ler­wei­se funk­tio­niert das, und ich könn­te ein Bit ver­wen­den, um fest­zu­stel­len, ob du mir etwas mehr­fach erzählt hast. Ich ver­schwen­de mei­nen Spei­cher nun aber nicht dafür, mir zu mer­ken, ob du mir was zwei­mal erzählt hast. Nicht mal ein Bit opfe­re ich! Ich mer­ke mir ein­fach nur das, was du mir erzählt hast. Denn Infor­ma­ti­on ist ja schließ­lich auch Ener­gie. Wuss­test das? Mas­se ist äqui­va­lent zu Ener­gie und Ener­gie ist äqui­va­lent zu Infor­ma­ti­on. Wür­de ich zum Bei­spiel ein 64-Bit-Regis­ter ver­wen­den, um mir zu mer­ken, wie oft du mir was erzählt hast, und du wür­dest mir etwas so oft erzäh­len, dass das Regis­ter ein­mal eine Run­de rum zählt, also zig Mil­li­ar­den, Bil­li­ar­den, Zil­li­ar­den Male, dann bräuch­te das so viel Ener­gie, wie nötig wäre, um sämt­li­che Ozea­ne auf der Erde zu verdampfen.”
“Laa­ang­wei­lig”, sag­te mei­ne Freundin.
“Wie­so?”
“Das hast du mir schon mal erzählt.”
“Echt? Wann denn?”
“Hab ich mir nicht gemerkt. Hab nur gespei­chert, dass du mir das schon erzählt hast. Ich ver­schwen­de doch kei­ne Bits und Bytes oder was weiß ich, um mir zu mer­ken, wann du mir schon mal was erzählt hast.”
“Sicher, dass du kein Déjà-vu hast?”
“Ja, abso­lut sicher.”

Tags: 640 Kilobyte, Gedächtnis, Speicherplatz

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